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1. Theil 3 - S. 38

1880 - Stuttgart : Heitz
38 Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation. Aber Mittwochs den 17. Februar befand er sich schwächer als vorher, und die Grafen sowohl, als feine Freunde, Doctor Jonas und der Prediger Colins von Mansfeld, baten ihn, doch lieber heute zu Hause zu bleiben und nicht in die Sitzung zu gehen. Er blieb /und ging dann und wann in seinem Zimmer umher, sah auch öfters zum Fenster hinaus und hier hörte man ihn auch bald laut beten. Einmal wandte er sich zu seinen Freunden. „Doctor Jonas und Herr Eölius," sagte er, „ich bin hier zu Eisleben getauft; wie, wenn ich hie bleiben sollte?" Zu Tische ging er noch hinunter in die Eßstnbe, sprach über Tische viel vom Wiedersehen nach dem Tode und äußerte: „Wenn sich meine lieben Landesherren, die Grafen, vertragen, so will ich heimziehen, und mich in den Sarg schlafen legen und den Würmern den Leib zu verzehren geben." Gegen Abend wurde er beklommen; er klagte über Brustschmerzen und Beängstigung; doch ging er auch zum Abendessen noch hinunter; „denn", sagte er, „Alleinsein bringt nicht Fröhlichkeit." Ueber Tische aß er nicht ohne Appetit und scherzte selbst mit seinen Freunden; denn er ahnete nicht, daß ihm die letzte Stunde schon so nahe sei. Nach dem Essen ging er wieder hinauf und klagte über Brustbeklemmung. Man rieb ihn mit warmen Tüchern und wollte den Arzt holen; aber er verbot es, legte sich aufs Ruhebette und schlief an drei Stunden recht ruhig, während Jonas, Eölius, der Stadtschreiber, welchem das Hans gehörte, mit seiner Frau und Luthers Söhnen bei ihm wachten. Um 10 7* Uhr wachte er auf. „Stehe! sitzet ihr noch?" sprach er gerührt, „möget ihr euch nicht zu Bette legen?" Dann begehrte er, man möchte ihm das Bette in der Kammer auswärmen und ihn hineinbringen. Das geschah, und er sprach sein Abendgebet: „Herr, in deine Hände befehle ich meinen Geist! Freunde, betet zu Gott für sein Evangelium, daß es ihm wohlgehe; denn der leidige Papst zürnet hart mit ihm." Jonas, die beiden Knaben und sein treuer Bedienter Ambrosius schliefen bei ihm, Eölius in der Nebenkammer. So schlief er ruhig bis um 1 Uhr, wo er den Doctor Jonas und den Bedienten rief; letzterer solle doch die Stube heizen, was aber bereits geschehen war. „O Herr Gott!" rief dann Luther zum Doctor Jonas, „wie ist mir so übel! Mich drückt's so hart um die Brust! O ich werde zu Eisleben bleiben." Alle erschraken, sprangen herzu, halsen ihm aus dem Bette und führten ihn in die Stube, wo er langsam umherging, dann aber warme Tücher verlangte. Indessen hatten seine Freunde in der ersten Angst das ganze Haus in

2. Theil 3 - S. 276

1880 - Stuttgart : Heitz
276 Neue Geschichte. 2. Periode. Rußland. m Rußland allgemein, und eine alte tüchtig geschminkte Hofdame gefiel daher den Russen am besten. Nachdem er mit den Damen, die nach damaliger Sitte steif geschnürt waren, getanzt hatte, wandte er sich an Lefort und sagte mit Verwunderung: „Wie teufelsharte Knochen haben doch die deutschen Frauen!" Einst rief er einer ihm auf der Straße begegnenden Dame ein donnerndes „Halt!" zu. Erschrocken bleibt sie stehen. Er greift nach der Uhr, die sie um den Hals hängen hat, öffnet sie, besieht das Werk und ließ die bestürzte Dame nun ihren Weg ruhig fortsetzen. In Berlin ärgerte er sich über die große Allongenperücke, ein Prachtstück für 300 Thaler, die der Hofmarschall trug. Er riß sie ihm vom Kopfe und warf sie in einen Winkel. Nun kam er nach Amsterdam. Auf diese Stadt hatte er sich am meisten gefreut; denn für die Holländer hatte er eine große Vorliebe. Um unerkannt zu bleiben, kam er 14 Tage früher als die Gesandtschaft. Aber man erkannte ihn doch, und der Magistrat bot ihm eine schöne Wohnung an. Er aber wählte ein ganz kleines Haus und legte die Kleidung eines holländischen Schiffszimmermanns an. Er wohnte eines Tages der Sitzung der Generalstaaten bei. Da er aber sah, daß aller Blicke auf ihn gerichtet waren, sprang er auf und rannte stürmisch aus dem Saale. Am meisten lag ihm daran, hier das Schiffbauen zu lernen. Amsterdam gegenüber lag das Dorf Zaaudam, wo 700 Windmühlen stehen und großer Schiffbau getrieben wird. Dahin begab er sich bald. Auf der Ueberfahrt sah er ein Fischerboot. Er erkannte in dem Fischer einen alten Bekannten, den er einst in Rußland gesehen hatte. Treuherzig schüttelte er ihm die Hand. „Höre! ich will bei dir wohnen!" rief er. Der Mann entschuldigte sich; er hätte nur eine Hütte mit einer Stube und Kammer. Das half alles nichts ( der Fischer mußte mit seiner Frau in die Kammer ziehen und Peter nahm die Stube ein. Das Haus steht noch. Nun ging er mit leinenen Beinkleidern und kurzer rother Friesweste ans Arbeiten. Man wußte wohl, wer er eigentlich sei; aber er konnte nicht leiden, wenn man es merken ließ. Man nannte ihn Peter Baas; er ließ sich einschreiben als Peter Michaelow; als solcher kam er alle Morgen, mit dem Beile in der Hand, auf die Schiffswerste, zimmerte wie ein gemeiner Arbeiter, fragte nach allem und versuchte alles. Selbst in der Schmiede arbeitete er mit, und seine Kammerherren mußten die Kohlen zulangen. Wie verwünschten diese den sonderbaren Geschmack ihres Ezars, der sie

3. Theil 3 - S. 107

1880 - Stuttgart : Heitz
Maria Stuart. Rizzio's Ermordung. 107 und Gutes zu erweisen gewußt; um so schmerzlicher war nun ihr Herz durch seine rohe Kälte getroffen, und sie fing an, sich von ihm zurückzuziehen. Dies brachte aber sein wildes Gemüth noch mehr auf, und er sah sich um, wer ihm wohl Maria's Liebe entzogen haben könnte. Wer einmal eifersüchtig ist, findet auch bald einen Gegenstand dazu. Es hielt sich damals an Maria's Hofe ein Italiener, Rizzio mit Namen, auf, der Sohn eines Musiklehrers, selbst Musicus und mit dem savoyschen Gesandten nach Schottland gekommen. Maria, die eine große Freundin der Musik war, nahm ihn wegen seines Spieles und Gesanges in ihre Kapelle auf, und da er schlau, kriechend und ehrgeizig war, so schmeichelte er sich bei ihrer Gutherzigkeit bald so ein, daß sie ihn zu ihrem Schreiber erhob und ihm ihr besonderes Vertrauen schenkte. In solches Glück wußte sich nun dieser Mensch nicht zu finden. Alles ging durch seine Hände. Sein Uebermnth beleidigte die schottischen Großen, deren Einfluß täglich mehr sank, je mehr der sättige wuchs. „Rizzio und kein Anderer," sprachen sie zu dem eifersüchtigen Darnley, „Rizzio ist es, der Euch die Gunst der Königin raubt. Dieser Schimpf heischt den Tod." Darnley war leicht zu bereden, und als Maria am 9. März 1566 ganz unbefangen mit ihrer Halbschwester, der Gräfin von Argyle (sprich Aerdschihl), dem Rizzio und einigen andern Abends bei der Tafel sitzt, hört sie einen großen Lärm. Einige ihrer Gesellschafter, unter ihnen der Graf Botb-well (sprich Boßwell), wollen fliehen, finden aber bereits alle Thüren mit Wachen besetzt, und entspringen aus dem Fenster. Plötzlich öffnet sich die Thüre, Darnley tritt herein, und setzt sich neben die Königin an die Tafel. Gleich darauf erscheinen die beiden Lords Ruth wen und Douglas mit Dolchen, hinter ihnen andere Verschworene. Ruthwen, den Helm auf dem Kopse, alle Züge durch eine lange Krankheit entstellt und so schwach, daß er kaum seine Waffen tragen konnte, jagte ihr, einem Gespenste gleich, Furcht und Entsetzen ein. „Wir haben mit dir zu reden!" schnaubten die Verschworenen den Rizzio an. Voll Entsetzen fragte Maria den König, was sie unternehmen wollten. „Ich weiß es nicht," knirrschte er zwischen den Zähnen. — „Bei der Strafe des Hochverrats entfernt Euch sogleich!" rief Maria dem Ruthwen zu; „fordert Rizzio vor ein Gericht, wenn Ihr von ihm beleidigt seid." Ohne darauf zu achten, packte Ruthwen den Rizzio. Dieser sprang auf, und suchte bei seiner Gebieterin, deren Kniee er hülsebittend umfaßte, seine Zuflucht. Maria suchte ihn zu vertheidigen, aber

4. Theil 3 - S. 119

1880 - Stuttgart : Heitz
Maria Stuarts Tod. 119 sie an ihren Beichtvater, der in demselben Schlosse wohnte, aber nicht zu ihr gelassen wurde, und bat ihn, nachdem sie ihm ihre Sündhaftigkeit gebeichtet hatte, um Absolution. Er möchte doch — fuhr sie fort — diese Nacht für sie wachen und beten und ihr die passendsten Gebete anzeigen. Dann schrieb sie eigenhändig und ohne anzuhalten ihr Testament, in welchem sie keinen ihrer Bedienten vergaß. Auch an den König von Frankreich, Heinrich Iii., schrieb sie einen Brief, in welchem sie ihm ihre Diener zur Versorgung empfahl, ihm Gesundheit und ein langes Leben wünschte und um Gründung einer jährlichen Seelenmesse bat. Sie unterzeichnete diesen Brief um 2 Uhr nach Mitternacht. Hierauf theilte sie die wenigen ihr noch übriggelassenen Kostbarkeiten unter ihre Diener aus, und gab ihnen zugleich den Brief an den König von Frankreich, sowie einen an den Herzog von Gnise mit. Nun legte sie sich zur Ruhe und schlief vier Stunden lang recht sanft. Dann stand sie auf und brachte die wenigen Stunden bis zu ihrem Tode mit Gebet zu; sie genoß auch eine Hostie, welche der Papst geweiht und einst ihr zugeschickt, die sie aber bis zu diesem Augenblicke aufbewahrt hatte. Als die achte Stunde nahte, zog sie, ohne sich bedienen zu lassen, ein Kleid von Sammet und Seide, wie zu einem Festtage, an. Die übrigen Kleider hatte sie Abends vorher vertheilt. „Gern," sprach sie, „hätte ich euch auch dies Kleid, das reichste von allen, gelassen, aber Maria Stuart muß auf ihrem Gange anständig erscheinen." Darauf bedeckte sie sich mit einem weißen Schleier, der bis auf die Füße herabwallte. Um 8 Uhr Morgens (8. oder 18. Februar 1587) trat der Sheriff der Grafschaft in ihr Zimmer und zeigte ihr an, daß die Stunde da sei. „Ich bin bereit," antwortete Maria. Noch einmal sagte sie ihren Dienern Lebewohl und ging, gestützt aus zwei Bediente ihres Hauses, mit bescheidenem, aber majestätischem Anstande durch die an ihr Zimmer stoßende Halle. Hier fand sie die beiden Grafen, ihren Hüter und andere Staatspersonen. Auch ihr Haushofmeister Melvil stand hier. Er warf sich ihr zu Füßen, rang die Hände und rief, von unnennbarem Schmerze ergriffen: „O wie unglücklich bin ich! Wer war je vor mir Ueberbringer so betrübter Botschaft, wie ich jetzt überbringen muß, wenn ich in mein Vaterland zurückkehren und erzählen werde, daß ich meine gnädige Königin und Gebieterin in England enthaupten sah?" Die Thränen erstickten seine fernere Rede. „Höre auf, getreuer Diener," antwortete Maria tief gerührt, „höre auf zu weinen.

5. Theil 3 - S. 121

1880 - Stuttgart : Heitz
Maria Stuarts Tod. 121 sich nehmen durfte. Sie wählte vier männliche und zwei weibliche Bedienten. So trat sie in die schwarz ausgeschlagene Halle, aus deren Mitte das Blutgerüst sich erhob, auf welchem zwei Scharfrichter sie erwarteten. Ohne die Miene zu verändern, sah sie die Anstalten zur Hinrichtung. Die ganze Halle war mit Zuschauern erfüllt, alle tief gerührt, indem sie ihre königliche Würde, ihre Standhaftigkeit sahen, und den Wechsel des Geschickes betrachteten, das diese einst mächtige Königin von Frankreich und Schottland auf das Blutgerüst führte. Aller Augen waren auf sie allein geheftet, und ein tiefes Schweigen hielt alle Zungen gefesselt. Als sie mit festem Schritte das Blutgerüst bestiegen hatte, wurde ihr nochmals der Befehl zur Hinrichtung vorgelesen. Still und nachlässig hörte sie zu; als nun aber der Dechant von Peterborongh auftrat und sie ermahnte, ihren irrigen Glauben abzuschwören, bat sie ihn mehrmals, von seinem unnützen Bemühen abzustehen; denn sie sei fest entschlossen, auf den Glauben ihrer Väter zu sterben, in welchem sie bisher gelebt hätte. Dann fiel sie auf die Kniee nieder, betete leise, und sprach darauf laut einige Gebete in englischer Sprache, für die bedrängte Kirche, für das Ende ihres eigenen Jammers, für ihren Sohn und für die Königin Elisabeth, und bat Gott, diese Fürstin lange beglückt zu erhallen und sie zu seinem Dienste zu gebrauchen. Es zeigte wenig Gefühl von Seiten Kents, ihr den Gebrauch des Crucifixes zu verweisen und es eine päpstliche Betrügerei zu nennen; er ermahnte sie, Christum im Herzen und nicht in den Händen zu haben. „O!" erwiederte Maria, „wie könnte man das Bild des Heilandes berühren, ohne daß das Herz von innigster Rührung durchdrungen würde?" Als Maria Anstalt machte, ihr Kleid abzulegen, traten die Scharfrichter hinzu, ihr behülflich zu sein. Lächelnd wies sie dieselben zurück'; sie sei nicht gewohnt, sich von solchen Aufwärtern bedienen zu lassen. Dann umarmte sie ihre Frauen, wandte sich gegen ihre Bedienten und sagte ihnen Lebewohl. Diese guten Leute fingen, da sie den Augenblick der Hinrichtung kommen sahen, laut an zu jammern; sie l^gte aber den Finger auf die Lippen, zum Zeichen, daß sie sich bezwingen möchten. Selbst die rohe Natur der Scharfrichter war von der Hoheit der Beurtheilten gerührt, und sie baten dieselbe wegen der Vollziehung des Befehls um Verzeihung. „Ich verzeihe," sagte Maria mit fester Stimme, „allen, die meinen Tod gewünscht oder bewirkt haben; ich betheure, daß

6. Theil 3 - S. 310

1880 - Stuttgart : Heitz
310 Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen. dem Geiste jener Zeit. Dann erhielt er männliche Aufseher, den General von Finkenstein und den Oberst von Kalkreuth. Die Leitung seines Unterrichts übergab man einem Franzosen, aber einem sehr braven Manne, Duhan de Jandun, der in das junge Herz seines Zöglings eine hohe Achtung für Tugend pflanzte. Auch andere Lehrer mußten den heranwachsenden Knaben unterrichten; nur der Unterricht in der Religion war höchst mittelmäßig, und dies war die Ursache, daß Friedrich auch nachmals nicht so warm für Religion eingenommen war, als man ihm wohl hätte wünschen mögen. Nicht leicht hat wohl jemand eine so harte Jugend wie Friedrich gehabt, obgleich sein Vater ihn anfangs zärtlich liebte. Er zeigte als Knabe und Jüngling großen Hang zu allen stillen und sanften Beschäftigungen. Lesen war sein Hauptvergnügen; aber ob ihn gleich der König im 13. Jahre zum Hauptmann ernannt hatte, so waren ihm doch alle Kriegsübungen zuwider. Kaum merkte dies der Vater, so bezeigte er seinen lebhaften Unwillen, und da dies nichts änderte, so fing er an, den ihm so ungleichen Sohn förmlich zu hassen?) Sogar als Friedrich schon erwachsen war, wurde er noch vom Vater nicht nur wacker geschimpft, sondern selbst bei den Haaren herumgezogen und mit Füßen getreten. „Fritz ist ein Querpfeifer und Poet," pflegte er zu fagen; „er macht sich nichts aus den Soldaten, und wird mir meine ganze Arbeit verderben." Dazu kam noch, daß der häusliche Friede zwischen dem Könige und der Königin zuweilen gestört war, was jederzeit auf die Kinder vom unglücklichsten Einflüsse ist. Es gab damals zwei Parteien am Hofe; eine, die sich an Oestreich und den Kaiser hielt, an ihrer Spitze der König, und eine englisch-hannöversche, welcher die Königin als eine geborene Prinzessin von *) Eines Tages war der geschickte Flötenspieler Quanz, der am dresdener Hofe lebte und mit der Erlaubniß der Königin jährlich zweimal nach Berlin zum Unterrichte des Kronprinzen kommen durfte, bei demselben. Beide spielten Flöte; Friedrich hatte die Uniform ausgezogen und dafür einen goldstoffenen Schlasrock und einen Haarbeutel angelegt. Plötzlich hörten sie den König kommen. Quanz sprang mit Noten und Flöten in ein zum Ofenheizen bestimmtes Kämmerchen, und der Prinz warf schnell den Schlafrock ab und fuhr in die Uniform. Dennoch mußte er vom Könige eine scharfe Strafpredigt anhören, weil der Haarbeutel bemerkt wurde; der Schlafrock wurde ins Feuer geworfen, und die vorgefundenen Bücher dem Buchhändler zurückgeschickt. Erst nach einer Stunde war der ge-ängstigte Quanz erlöst.

7. Theil 3 - S. 206

1880 - Stuttgart : Heitz
206 Neue Geschichte. 2. Periode. Dreißigjähriger Krieg. der Kaiser Ferdinand oft nicht wußte, wo er das Geld hernehmen sollte. Sechzehn Kammerherren, von denen vier den täglichen Dienst und jeder seinen eigenen Pagen und Bedienten hatte, waren seiner Winke gewärtig, und Virtuosen aller Art verherrlichten seinen Hos. Auf Reisen folgten ihm sechs Kutschen mit seinem Gefolge, im Kriege gar 100 vier- und sechsspännige Wagen. Er selbst war mäßig und nüchtern und schalt denjenigen des Lebens unwürdig, der nur für seinen Magen lebte. Wenn aber gezecht wurde, so ging es wild her und man trank dann aus Hüten. Er sprach nur wenig, lachte selten, war finster, mürrisch, eigensinnig, ungeduldig und mißtrauisch, erlaubte aber bei der Tafel Frohsinn und Scherz. Wegen der Gicht ging er langsam und aus einen Stock gestützt; mißtrauisch warf er bei jedem Schritte die Augen umher. Sein thätiger Geist ruhte nie; daher mußte eine Todtenstille um ihn her fein. Weit um fein Quartier her waren Posten aufgestellt, welche jeden warnen mußten, stark aufzutreten, und das Bellen der Hunde, das Raffeln der Wagen, jedes laute Wort, selbst das Klingen der Sporen war ihm verhaßt. Sein Stolz verlangte die tiefste Ehrerbietung von jedermann, selbst von dem Vornehmsten, und es machte ihm ein Vergnügen, deutsche Fürsten recht geringschätzig zu behandeln. In allem, was er that, wich er von der Handlungsweise anderer Menschen ab und sah gern, wenn er das bei andern auch fand. Einst hatte ein Hauptmann, der auf der Wache stand, ihn nicht bemerkt und sollte Schläge bekommen. Aber er widersetzte sich, gab seinem Pferde die Sporen und drohte, den zu erschießen, der sich ihm nähern würde; er wolle lieber mit Ehren sterben, als mit Schande leben. „Brav!" rief Friedland, „du mußt vielen Muth haben, daß du dich meinen Befehlen zu widersetzen wagst." Und er schenkte ihm 2000 Thaler. — Ein gemeiner Soldat zeichnete sich einmal so aus, daß Wallenstein ihn zum Hauptmann ernannte. Aber der Mensch bedankte sich nicht einmal dafür. Darüber war Wallenstein nicht nur nicht böse, sondern er gab ihm obendrein ein bedeutendes Geschenk. „Daß er mir nicht gedankt hat," sprach er, „ist die größte Lobrede auf mich; es beweist, daß ich das Verdienst und nicht die Person belohne. Es ist nicht nöthig, Dank zu sagen, wenn man keine Gefälligkeiten erhalten hat." Was ihm zum Ruhme anzurechnen ist, war, daß er nie auf Empfehlungen, sondern blos auf Verdienste sah. Einmal kam ein Fremder in sein Lager und brachte ein kaiserliches Patent mit, daß Wallenstein den Ueberbringer zum

8. Theil 3 - S. 233

1880 - Stuttgart : Heitz
Sitten jener Zeit. 233 daß bei einer großen Hochzeit nicht mehr als 24 Tische, jeder zu 10 Personen, und bei einer kleinen nur 14 Tische sein sollten. Der Schmaus sollte nicht über drei Stunden dauern. In Sachsen war man strenger. Da durften die Edelleute höchstens 8 Tische setzen und außer dem Nachtische nur 12 Gerichte geben. Bei bürgerlichen Hochzeiten sollte der Magistrat die Anzahl der Gäste bestimmen, und nur 5 Gerichte wurden erlaubt. Auch war damals noch die pöbelhafte Gewohnheit, seine Gäste möglichst trunken zu machen, und der Wirth glaubte seine Sache am besten gemacht zu haben, von welchem die Gäste taumelnd nach Hause gingen. Dergleichen Roheiten hörten nach dem westfälischen Frieden nach und nach auf. Viel trugen dazu die Reisen bei, welche die Deutschen in fremde Länder jetzt mehr als sonst unternahmen, viel auch die besseren Unterrichtsanstalten, besonders des Mittelstandes, und endlich gewiß auch viel der jetzt häufigere Verkehr mit den feineren und geschliffeneren Franzosen. Der französische Hof war die Schule der feinen Sitten. Kamen nun Deutsche dorthin, so schämten sie sich ihrer Plumpheit; sie nahmen die feineren Sitten an und brachten diese mit nach Deutschland zurück, wo sie bald Nachahmer fanden. Auch wurde jetzt den Frauen, die sonst nur auf das Haus angewiesen waren, mehr der Zutritt zu den Gesellschaften der Männer gestattet, und ihre Gegenwart zwang diese, sich anständiger zu betragen und das übermäßige Trinken zu vermeiden. Die niederen Stände aber wurden fleißiger, weil sie nur dadurch den verlorenen Wohlstand wieder erlangen konnten, und zugleich auch nüchterner, bedenklicher und sittlicher. Das war zwar alles schön und gut, aber die guten Deutschen haben von jeher die Sucht gehabt, nicht nur das Gute, sondern auch das Böse und Thörichte, was sie bei den Ausländern sahen, nachzuahmen, und das geschah nach dem dreißigjährigen Kriege ganz besonders mit dem, was in Frankreich Mode war. Mit den feineren Sitten nahmen die Deutschen auch die französische Geschwätzigkeit und Flüchtigkeit an. Die Vornehmen meinten, ihre Kinder könnten nicht anders als durch Französinnen erzogen werden, und statt Verstand und Herz derselben auszubilden, wurde zu einer guten Erziehung nur Geläufigkeit in der französischen Sprache verlangt*) und Geist und *) Giebt es doch noch, namentlich unter dem Landadel, viele, die dies glauben und zur Hauptbedingung bei der Wahl einer Erzieherin nicht sowohl Kenntnis in der deutschen Sprache und in den einem Mädchen nöthigen Wissen-

9. Theil 3 - S. 324

1880 - Stuttgart : Heitz
324 Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen. • Oestreichs fochten. Daher hatten die preußischen Soldaten ein Auge auf sie und hieben sie hier jämmerlich zusammen. Die Preußen hielten sich hier so brav, daß ein Dragonerregiment allein 66 Fahnen erbeutete. Einen zweiten Sieg erfocht der König bei Sorr in Böhmen an der schlesischen Grenze (30. Sept. 1745.) Der Krieg wurde endlich durch die Schlacht bei Kesselsdorf, unweit Dresden entschieden. Hier war zwar Friedrich nicht gegenwärtig, aber der alte Fürst von Dessau hatte mit den preußischen Grenadieren die mit Eis und Schnee bedeckten Anhöhen, auf denen der Feind stand, so glücklich erstürmt, daß er einen glänzenden Sieg erfocht. *) Am folgenden Tage traf auch Friedrich auf dem Schlachtfelde ein und umarmte dankbar den glücklichen Sieger. Ungehindert hielt er nun seinen Einzug in Dresden, wo er mit zuvorkommender Höflichkeit und Schonung die zurückgebliebenen sächsischen Prinzen und Prinzessinnen behandelte. Gleich darauf baten Maria Theresia und August Iii. um Frieden, der auch schon nach wenigen Tagen in Dresden unterzeichnet wurde. Friedrich behielt Schlesien, so weit es ihm schon im breslauer Frieden zuerkannt war, aber reicher an Achtung in den Augen des gesummten Europa. In Berlin wurde Friedrich bei seiner Rückkehr von den Einwohnern mit Entzücken empfangen, und als er durch die doppelten Reihen der Bürgercompagnien fuhr, sang man Lieder *) Dieser Fürst wurde gewöhnlich der alte Dessauer oder der alte Schnurr« t bart genannt. Er war wegen seiner Grobheit und Roheit berüchtigt; nichts war * ihm verhaßter als Höflichkeit. Konnte er einem Gelehrten oder Geschäftsmanne einen Streich spielen, so that er es mit Vergnügen. Eines Morgens fuhr er durch die Straßen von Magdeburg und sah einen Regierungsrath ttjt seidenen, Schlafrocke und Pantoffeln am Fenster stehen und seine Tasse Kaffee grinsen. Geschwind befahl er dem Kutscher, still zu halten, und ließ den Rath ersuchen gleich und wie er wäre an den Wagen zu kommen. Der Mann erschien mit vielen Komplimenten und fragte, was Jhro Durchlaucht beföhlen. Der Fürst winkte, er solle auf den Wagentritt steigen, dann packte er ihn, zog ihn zu sich in den Wagen und befahl dem Kutscher zuzufahren. Erst eine Stunde von der Stadt ließ er halten und deutete dem bestürzten Rathe an, er könne nun wieder nach Hause gehen. So mußte der arme Mann am hellen Tage zu ferner großen Beschämung im Schlafrocke und Pantoffeln durch die Straßen der volkreichen Stadt nach Hause wandern. Ein andermal begegnete er auf einem Spazierritte bei Halle einem Unbekannten. „Wer ist Er?" fuhr der Fürst ihn^an. „Ein Tanzmeister, Jhro Durchlaucht." — „So? Kann er gut tanzen? Nun, da komme er mit!" So führte er ihn auf ein umgepflügtes Ackerfeld und befahl thm, eine Menuet zu tanzen, hieb ihm auch dann und wann mit der Peitsche um die Beine. Solche Streiche kamen nicht selten vor.

10. Theil 3 - S. 328

1880 - Stuttgart : Heitz
328 Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen. ohne daß einer den andern anzugreifen wagte.*) So lag man zwei Monate; da riß dem Könige die Geduld und er brach mit einem Theile seines Heeres auf, um auf einem andern Schauplatze aufzutreten. 2. Schlacht bei Roßbach (5. November 1757). Während sich Friedrich bei Prag und Kollin mit den Oestreich ent herumgeschlagen hatte, waren die Russen verheerend in Preußen eingebrochen und die Franzosen vom Rheine her bis nach Sachsen bereits vorgedrungen. Dem konnte Friedrich unmöglich ruhig zusehen. Er ließ den Herzog von Bevern bei Görlitz mit- einem Theile des Heeres zurück; mit dem andern marschirte er schnell nach Sachsen, die Fortschritte der Franzosen aufzuhalten. Mit diesen hatten sich noch die deutschen Reichstruppen vereinigt, eine rechte Musterkarte von verschiedenen Soldaten. Sie waren aus den Beiträgen der einzelnen deutschen Fürsten zusammengesetzt und da mancher nur einige Mann zu stellen hatte, so gab es Regimenter, die aus 10 bis 12 verschiedenen (Kontingenten bestanden, von denen jedes andere Waffen und andere Uniform trug. Gleich das erste Zusammentreffen mit den Franzosen war für die Preußen sehr ehrenvoll. Ein Prinz von Sonbise, ein weichlicher, einfältiger General, hatte sich mit 8000 Franzosen in Gotha eingelegt, um sich dort recht zu pflegen. Die Herzogin von Gotha aber, eine große Verehrerin Friedrichs, ließ diesen aussorden, **) die sorglosen Franzosen zu überfallen. Der König schickte seinen General Seyd-litz mit 1500 Reitern hin. Sonbise ahnte davon nichts und hatte sich gerade ein köstliches Mittagessen ans dem Schlosse bereiten lassen. Eben setzte er sich mit seinen Offizieren zur Tafel ; schon wurden die dampfenden Pasteten aufgetragen — da erschollen die Trompeten der preußischen Dragoner. Wie fuhren die Franzosen von ihren Stühlen auf! Flugs warfen sie sich auf die Pferde und jagten mit verhängtem Zügel zum Thore hinaus. Seydlitz schickte *) Auf diesem Rückzüge wurde Friedrichs ältester Bruder, August Wi.lhelm, von den Oestreichern scharf gedrängt, indem er sich mit einem Theil des preußischen Heeres über Zittau zurückzog. Der König war mit den von seinem Bruder genommenen Maßregeln unzufrieden, überhäufte ihn im Lager von Bautzen unverdienterweise mit heftigen Vorwürfen und wies ihn fort. Der Prinz begab sich hinweg, und grämte sich über die Ungnade des Königs so, daß er ein Jahr später todt war. **) Es geschah dies durch einen treuen Bauer, der das Zettelchen der Herzogin in seinen hohlen Backenzahn steckte und so damit sicher ins preußische Lager gelangte.
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